Der allerletzte Tag: Aufbruchsstimmung. An diesem Morgen müssen wir erst um 5 Uhr in der Meditationshalle sein, um S.N.Goenkas letzten Vortrag zu hören. Sobald der Gong und die Wecker ertönen, geht auch schon das Gequassel los. Heute haben die meisten kein Problem mit dem Aufstehen: es wird gepackt, die Betten abgezogen, Adressen ausgetauscht, ab 7 Uhr darf man abfahren. Das Frühstück fällt an diesem Tag mickrig aus: es gibt das, was von den letzten 10 Tagen übrig geblieben ist. Ich bekomme meine am ersten Tag abgegebenen Dinge zurück, darunter auch mein Telefon. Aber ich schalte es nicht ein, ich benütze nur den Fotoapparat, da ich eine Artikel Serie für den Blog schon im Kopf habe.
Ich spaziere nochmals in den Garten und gewöhne mich an den Gedanken, frei zu sein. Jetzt, in wenigen Minuten kann ich gehen. Aber ich fühle, ich werde an diesen Ort früher oder später nochmals zurückkehren. Ich habe das Gefühl, mich erst herangetastet zu haben, aber dass ich ein zweites Mal herkommen muss, um tiefer hineinzukommen.
Ich bin glücklich darüber, es geschafft zu haben, im selben Moment auch traurig, diesen Ort, jetzt zu verlassen, die Gemeinschaft zu verlassen, die ohne Worte entstanden ist.
Mit drei netten Mädels (Schweizerin, Rumänin und Deutsche) fahre ich im Taxi zum Bahnhof. Während der Fahrt dreht es mir dreimal den Magen um, weil ich diese Geschwindigkeit nicht mehr gewöhnt bin. Es ist sehr heiß. Was sich in 11 Tagen alles ändern kann! Angekommen bin ich noch mit Jacke, jetzt bräuchte ich Flip-Flop. Am Bahnhof gibt es mal wieder Zugstreik und die Angestellte muss für uns vier verschiedene, wenn möglich garantierte Verbindungen heraussuchen.
Ich torkle, obwohl ich ja nicht unter Alkoholeinfluss stehe, durch den Bahnhof, vergesse abzustempeln und muss nochmals zurück, riskiere den Zug zu verpassen und nochmals Abschied.
Im Zug dann schalte ich das Telefon ein, und schau mal was ich verpasst habe. Die E-Mails möchte ich noch nicht sehen - erst am nächsten Tag.
Der erste Zug, ein Regionalzug, ist extrem laut, voll und heiß. Ich muss mich konzentrieren, um nicht Bologna zu verpassen. Da wartet dann ein sehr teurer, aber dafür umso angenehmer, ruhiger, klimatisierter Zug auf mich, der mich in ungefähr drei Stunden nach Hause bringen wird. Natürlich sitze ich mit Ohrenstöpsel im Zug, ansonsten wäre es kaum auszuhalten.
Das Zurückkommen erinnert mich an jenes nach der Yogalehrerausbildung. Da war ich vier Wochen lang in einem Ashram, abgeschieden von der Außenwelt, und als ich zurückkam, war alles zu laut, zu schnell, zu bunt, zu chaotisch.
Als ich von Indien zurückkam, war es genau umgekehrt: zu Hause war es dann ruhig, langsam, leer und sauber!
In der Mittagshitze komme an, schleppe mich und das wenige Gepäck mühevoll nach Hause.
Und jetzt?
Fühle mich erschöpft, kann aber nicht schlafen. Ich führe nur ein Telefongespräch (mit meiner Mutter), verschicke eine WhatsApp Nachricht (an meine Freunde), gehe weder ins Internet noch ins Facebook, lesen strengt mich auch an. Ich brauche Bewegung. Na dann schauen wir mal, wie es mit der Kondition ist, nach 11 Tagen 11 Stunden lang täglich sitzen. Nächstes Ziel: zu Fuß auf den Ritten. Ich schwebe wie ein Vogel den Berg hinauf. Plötzlich höre ich Musik und sie lässt mich nicht in Ruhe, ich muss tanzen. Ich entdecke Dinge, die ich bisher nicht gesehen habe: ein Margeritenfeld mitten im Wald, einen Esel, einen Biohof, einen weißen Schimmel. Die Natur bringt meine Energie etwas zur Ruhe - die mit Sonnenhungrigen überfüllte Seilbahn bringt mich wieder aus der Ruhe und zurück in die Stadt.
Dann gibt es Pizza und
mein Sommer kann beginnen!
so sehe ich nach 10 Tagen schweigen aus
...wie es weiterging...
An den darauffolgenden Tagen fühle ich mich orientierungslos, manchmal fehl am Platz, der Geist füllt sich mehr und mehr mit Gedanken, ich vermeide Menschenansammlungen. Zuerst wache ich immer um 3 Uhr früh auf, nach einigen Tagen verschiebt es sich dann auf 4 Uhr. 3 Uhr ist einfach zu früh! Ich schlafe weniger, bin deswegen aber nicht müder. Ich meditiere weiterhin, zwar nicht wie uns empfohlen wurde, zweimal am Tag jeweils eine Stunde, sondern ich beschränke mich auf nur eine Stunde täglich. Zu Hause zu meditieren ist anstrengender, es ist schwieriger die Gedanken zu zähmen, sie geraten leicht außer Kontrolle und gehen ihre eigenen Wege.
Viele Menschen sind neugierig und fragen mich nach meinen Erfahrungen (deshalb auch die Blog-Artikel, weil ich nach einiger Zeit keine Kraft mehr hatte, darüber zu sprechen).
Für mich war es das einzige Richtige im rechten Augenblick. Da es aber eine Grenzerfahrung ist, hüte ich mich davor, das jemandem weiter zu empfehlen (nicht nach dem Motto, stell dich mal auf die Matte und probier mal Yoga!). Vor drei Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, so etwas zu machen. Dann aber kam der Moment, an dem ich tief in meinem Inneren spürte, diese Erfahrung möchte ich jetzt machen.
Das ist dann das Zeichen, auf das man hören sollte!
Für alle, die sich mehr dafür interessieren:
12 Tage - 12 Artikel - 12 Wochen:
der Sommer ist (fast) vorbei und so endet nun die Special-Vipassana Artikelreihe.
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